Dienstag, 13. September 2022

Änderung des Bundesgesetzes über den Nachrichtendienst (NDG)

Die Grünliberalen betrachten die nachrichtendienstliche Arbeit und eine zweck- und verhältnismässige Überwachung als notwendig, befürchten allerdings aufgrund der vorgeschlagenen Verschärfung einen unverhältnismässigen Eingriff in die Grundrechte und Privatsphäre der Schweizer Bürgerinnen und Bürger. Als zusätzlich beunruhigend erachten wir das Zusammenspiel der vorliegenden NDG-Revision mit der erst kürzlich erfolgten Revision der Verordnungen des Bundesgesetzes über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehr (BÜPF), wodurch auch die Befugnisse des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) erweitert werden sollen. In der Praxis sollten Daten, die zu Verwaltungs-zwecken (wie bei jeder staatlichen Stelle) erhoben werden, klar von nachrichtendienstlichen Daten getrennt werden. Die Verfahren zur Verwaltung und Archivierung der Daten müssen klar definiert und angewandt werden. Das verwendete Informationssystem sollte diese strikte Verwaltung unterstützen.

Stellungnahme zu einzelnen Elementen der Vorlage


Sammeln und bearbeiten von Daten (Art. 5)

Wir beobachten besorgt, dass der NDB wiederholt unverhältnismässig viele Daten erhebt. Aus diesen Gründen erachten wir es als zwingend, dass alle Daten bei Eingang geprüft werden. Auch Daten aus öffentlichen Quellen sind bei Eingang auf Personendaten zu kontrollieren und nicht erst vor Gebrauch. Dies verhindert das Anlegen von grossen unkontrollierten Datenmengen und ermöglicht bei Auskunftsbegehren erst eine vollständige Auskunft. Die Umkehr der Datenbearbeitungsschranke lehnt die GLP ab.

 


Fehlende Definition von Begriffen (Art. 19 Abs. 2 lit. f und Art. 6 Abs. 1 lit. b E-NDG)
Neu sollten im Rahmen der vorliegenden Revision die Begriffe «sicherheitspolitisch bedeutsame Vorgänge im Cyberraum» als Teil der konkreten Bedrohungen der inneren oder äusseren Sicherheit eingeführt werden. Damit wird der Nachrichtendienst ermächtigt, Daten über «sicherheitspolitisch bedeutsame Vorgänge» im gesamten Cyberraum zu bearbeiten. Es wird jedoch weder eine klare Definition noch eine explizite Begrenzung des Umfangs dieser Begriffe festgelegt. In der vorliegenden Fassung würde dem Nachrichtendienst unbeschränkter Zugriff auf Personen, Dienstleister und Daten gewährt, welche den verfassungsmässigen Anforderungen der Zweck- und Verhältnismässigkeit zuwiderlaufen. Eine Definition dieser Begriffe ist deshalb unerlässlich.

 


Auskunftsbegehren (Art. 63a)

Bereits heute ist die Auskunftspraxis des Nachrichtendienstes kaum EMRK-konform. Mit der vorliegenden Revision will der Bundesrat die Beschwerdemöglichkeiten für gewisse Auskünfte und Mitteilungen gänzlich einschränken. Der Bundesrat räumt im erläuternden Bericht sogar selbst ein, dass der Verzicht auf ein ordentliches Rechtsmittel nicht verfassungs und völkerrechtskonform sein könnte. Bei der Einschränkung oder Verweigerung des Auskunftsrechts muss das Ergreifen eines ordentlichen Rechtsmittels ermöglicht werden. Ein Weiterzug des Entscheides (an die Aufsichtsbehörde oder an das Bundesverwaltungsgericht) muss möglich sein. Die Fristen für die Bearbeitung der Auskunftsbegehren müssen im Gesetz festgelegt werden.

 


Ausschluss von Personen mit Berufsgeheimnis

Die Berufsgruppen nach den Artikeln 171–173 StPO dürfen bislang nicht vom Nachrichtendienst abgehört, beobachtet oder sonst wie überwacht werden. Dies ist im gegenwärtigen Art. 27 Abs. 2 NDG geregelt: «Die Massnahme darf nicht angeordnet werden, wenn die Drittperson einer der in den Artikeln 171–173 StPO13 genannten Berufsgruppen angehört.» Eine Abschaffung dieser Garantie ist einem Rechtsstaat unwürdig und unhaltbar. Art. 28 E-NDG muss deshalb zwingend ergänzt werden mit einem gleichlautenden Abs. 2 analog zum gegenwärtigen Art. 27 Abs. 2 NDG.

 


Erweiterung der genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen (GEBM)

Die glp Schweiz begrüsst die Erweiterung der genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen zur Aufklärung von schweren Bedrohungen, die von gewalttätig extremistischen Aktivitäten ausgehen. Diese gewalttätig extremistischen Aktivitäten sind jedoch im Gesetz eng und genau zu definieren, da diese Aktivitäten näher an politisch-ideologischen Bewegungen angesiedelt sind, was besondere Zurückhaltung erfordert. Die schweren Bedrohungen sind genau zu definieren und z.B. auf Bedrohungen an Leib und Leben zu beschränken. Reine Sachbeschädigungen sind im Straffrecht geregelt und bedürfen keine präventiven Massnahmen. Sodann ist der Begriff des gewalttätigen Extremismus nicht präzise definiert. Das Gesetz bedingt eine genauere Definition, um, zum Beispiel, die Grenze zwischen politischem und gewalttätigem Extremismus zu verdeutlichen.

 


Ausweitung des Ausreiseverbots des BWIS für Demonstrationen und Kundgebungen (Art. 24h nBWIS)

Die Ausreisebeschränkungen sind ein massiver Eingriff in die persönlichen Freiheiten. Ausreisebeschränkungen müssen immer als genehmigungspflichtige Massnahme gelten und die Ausnahme eines rein polizeilichen Nachweises ist abzulehnen.